9punkt - Die Debattenrundschau
Dann war es eben keiner
Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
Ideen
Europa
Der Guardian bringt ein Update zur immer größere Kreise ziehenden Affäre um die Ermordung von Daphne Caruana Galizia. Maltas Premierminister Joseph Muscat scheint jetzt doch zurücktreten zu müssen, sein Kabinettschef wurde freigelassen, ohne dass Anklagen erhoben werden, obwohl ihn der mafiöse Geschäftsmann Yorgen Fenech als Mastermind der Ermordung benannt hat. In der Times of Malta überschlagen sich die unglaublichsten Meldungen: "Yorgen Fenech, der Hauptverdächtige im Mordfall, wurde von der Polizei zum fünften Mal gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Offenbar kann gegen ihn nicht Anklage erhoben werden, bis ein Gericht über die Eingabe entschieden hat, mit der er die Ermittlungen unter Inspektor Keith Arnaud stoppen lassen will. Fenechs Anwälte bergünden dies damit, dass der leitende Ermittler enge Verbindeungen mit Stabschef Keith Schembri pflegt und die Quelle gewesen sein soll, die ihn mit Informationen versorgte." Ach, und Schembri soll auch Arnauds Frau einen Job besorgt haben.
Die polnische Regierung bringt gegenüber Deutschland immer wieder die nicht gezahlten Reparationen aufs Tapet. In der NZZ erinnert heute der außenpolitische Funktionär Slawomir Dębski an die Zerströrungen des Zweiten Weltkriegs und donnert: "Die Deutschen sind für ihren Vernichtungsfeldzug gegen Polen zu billig weggekommen." Weiter schreibt er: "Deutschland blieb den Polen nach dem Krieg vieles schuldig. Und vielleicht wäre die Haltung der polnischen Bürger zur Frage der Reparationen anders, wenn es nicht diesen Zwiespalt in der deutschen Haltung gäbe. Einerseits plädiert Deutschland für Moral in den internationalen Beziehungen, anderseits forciert es eigene Interessen, oft ohne auf die Verbündeten und die europäischen Nachbarn zu schauen."
Geschichte
Kulturpolitik
Hunderte von Clubs und Diskotheken sind in den vergangenen Jahren der Verdrängung aus der Innenstadt zum Opfer gefallen. In der taz spricht sich die kulturpolitische Sprecherin der Linkspartei, Caren Lay, dafür aus, Clubs nicht länger als Vergnügungsstätten wie Spielhallen oder Sexkinos zu behandeln, sondern als Kulturorte: "Wenn sie immerhin schon mal als Kultureinrichtung in der Baunutzungsverordnung eingestuft wären, dann hätten sie zumindest einen besseren Standortvorteil und einen besseren Schutz, was kommunale Entscheidungen anbelangt. Es gibt aber nun auch das sogenannte Berghain-Urteil, wo selbst ein Gericht zu der Erkenntnis gekommen ist, dass Clubs mit den Einrichtungen der vermeintlichen 'Hochkultur' gleichgestellt werden sollen. Man muss diese Trennung von Hochkultur und Populärkultur in der Kulturpolitik überwinden."
Gesellschaft
Im Guardian lästert die spitzzüngige Marina Hyde nach der Klimadiskussion der BBC, bei der Boris Johnson und Nigel Farage durch Eisblöcke ersetzt wurden, weil sie keine Lust zur Teilnahme hatten: "Boris Johnsons größter Beitrag zur Vermeidung von Plastikmüll scheint der Verzicht auf Kondome zu sein."